Unbeleckt vom TrendRosinas Wachtmeister in der Schaubude
Rosinas Wachtmeister sind nicht nur die "erste Band, die in der Schaubude pünktlich anfängt", wie Conferencier Lutz verkündet, sie dürfte auch die erste Band an diesem Ort sein, die nicht den Schimmer eines Versuchs vor sich her trägt, zeitgemäß, hip oder cool zu wirken. Iberth und seine Kumpels Stephan Roepke an der Gitarre und Stefan Krüger am Schlagzeug haben die Aura von Leuten, die nach Feierabend im Hobbykeller oder in der Garage herumbosseln, dabei ein Bierchen oder "eine Mischung" trinken und den lieben Gott einen guten Mann sein lassen. Wer sonst bringt heute mit Überzeugung solche Ansagen: "Beim nächsten Stück ist der Name Programm: I go crazy!", um dann so inbrünstig loszurocken, als spiele man nicht vor Freunden und Tresenpersonal, sondern in der überfüllten AOL-Arena? Unbeleckt von den Zwängen der Trends überraschen die Songs vor diesem komplett unglamourösen Hintergrund mit flexibler Ausdeutung verschiedenster Pop-Genres: Fassungslos tastet der Zuhörer nach Referenzen, wenn Bluesrock, Sixties-Harmonien, Ska- und Reggae-Rhythmen, New Wave, Power Pop und Funk verarztet werden, und die Operation auch noch gelingt. Nur einmal kommt ein wenig Unmut kommt auf, als ein angetrunkener Gast "was eigenes" einfordert, "und nicht so'n hausgemachten Hering" - die Kieler spielen schließlich nur selbstverfasste Werke. Und sobald Gitarrist Stephan eine klassische Rock'n'Roll-Nummer mit Gitarrengegniedel wie der Metall-Virtuose Yngwie Malmsteen verziert, während Holger melodiöse Basslinien a la John Entwhistle beisteuert und dazu singt wie sein Held, der Creedence-Clearwater-Frontmann John Fogerty, sind Rosinas Wachtmeister im besten Sinne eigen. Niko Brügmann Kieler Nachrichten vom 29.11.2002 |